Die Anfänge der Kongregation

 

Die Initiative Clarets entsprang nicht einer momentanen Laune. Lange Zeit hatte er überlegt, zunächst wie er Priester für die Predigt des Evangeliums ausbilden könnte, dann wie er sich mit  denen zusammenschließen könnte, die sich „vom selben Geist wie er“ beseelt fühlten, um zusammen mit ihnen das zu tun, was er allein nicht konnte. Seine Erfahrung als Wandermissionar in Katalonien und auf den Kanarischen Inseln hatte ihn zu der Überzeugung gebracht, dass dem Volk das Evangelium gepredigt werden musste, dass es aber nicht genügend Priester gab, die für diese Aufgabe ausgebildet waren und den nötigen Eifer aufbrachten. Allerdings war es, wie Claret selbst zugab, keine eigene Idee, sondern eine Eingebung von Gott, die ihn dazu brachte, ein ebenso riskantes wie zerbrechliches Unternehmen in die Welt zu setzen.

Foto von Pater Claret

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Wäre es nicht von Gott gewesen, wäre dieses Unternehmen unter den Umständen, unter denen es entstand, zum Scheitern verurteilt gewesen. Zwanzig Tage nach der Gründung erreichte Pater Claret die Nachricht, er sei zum Erzbischof von Santiago de Cuba ernannt. Nach langem Widerstand musste er schließlich annehmen. Die Kongregation lag nun in der Hand Gottes. Geführt wurde sie von einem der Mitgründer, P. Esteban Sala, der 1858 starb.

 

Dann übernahm ein weiterer Mitgründer, José Xifré, die Leitung. Erzbischof Claret, der als Beichtvater von Königin Isabella II. nach Madrid gerufen worden war, bemühte sich um einen engen Kontakt zum neuen Generaloberen und zu allen Missionaren: Er nahm an den Generalkapiteln teil, er schrieb die Konstitutionen, die am 11. Februar 1870, wenige Monate vor seinem Tod, vom Heiligen Stuhl bestätigt wurden, er gab ihnen Orientierung und leistete einen finanziellen Beitrag, wenn sie in Not waren. Für die Kongregation und auf Befehl des Generaloberen, der gleichzeitig sein Seelenführer war, schrieb er seine Autobiographie.

 

Bald erlebte die Kongregation eine neue schwere Prüfung. Mit der Revolution von 1868 wurde die Kongregation vom Staat aufgelöst, alle Missionare mussten nach Frankreich flüchten, und Erzbischof Claret musste ins Exil gehen, wo er 1870 im Ruf der Heiligkeit starb. In dieser Zeit hatte die Kongregation mit P. Francisco Crusats ihren ersten Martyrer. Allerdings durfte der Gründer noch mit großer Freude erleben, wie in den verschiedenen Regionen Spaniens neue Häuser gegründet wurden und wie die Kongregation nach Algier und nach Chile kam.

 

Die Ausbreitung der Kongregation

 

P. José Xifré war gut vierzig Jahre Generaloberer, von 1858 bis 1899. Als er das Amt übernahm, hatte die Kongregation ein einziges Haus und zehn Mitglieder; als er starb, waren es 61 Häuser und an die 1300 Missionare.

 

Als die Monarchie in Spanien 1875 wiederhergestellt wurde, erhielt die Kongregation die Häuser zurück, die von der Revolution enteignet worden waren. Damit begann eine Zeit der Ausbreitung, und zwar nicht nur in Spanien, sondern auch in Afrika und Amerika.

 

Eine besondere Erwähnung verdienen die Missionen in Äquatorialguinea, Kuba und Mexiko. Die Missionare leisteten eine beeindruckende apostolische, kulturelle und soziale Arbeit, die in vielen Fällen enorme Opfer kostete, selbst das Leben der Missionare. Beispielsweise starben von den elf Missionaren, die als erste Gruppe nach Kuba kamen, alle bis auf zwei in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft.

 

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

 

Der Prozess der Festigung und Ausweitung ging weiter. Die Kongregation kam in weitere Länder und entfaltete ihren Dienst der Predigt des Evangeliums sowohl in ihren traditionellen Formen (Volksmission und Exerzitien) als auch in anderen, die für die Kongregation neu waren (Schulen und Pfarreien). Man gründete Zeitschriften und Verlage, ganz im Einklang mit der Inspiration Clarets zum Schriftenapostolat.

 

In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg streckte die Kongregation ihre Fühler auch nach Deutschland aus. Da es dort seit dem Kulturkampf verboten war, Niederlassungen neuer Orden zu gründen, ließen sich auf Artikel und Anzeigen in katholischen Zeitschriften hin zahlreiche deutsche Jugendliche in Spanien ausbilden. Sie wollten als Missionare bei den deutschen Auswanderern in aller Welt tätig werden. Nach dem ersten Weltkrieg konnten einige nach Deutschland zurückkehren. Die Deutsche Provinz wurde missionarisch fruchtbar und trug den Geist Clarets in den Kongo, nach Indien und nach Sri Lanka.

 

Doch auch in diesen Jahren fehlte es nicht an Prüfungen und Leiden: Während der mexikanischen Revolution starb 1927 P. Andrés Solá als Martyrer. Im spanischen Bürgerkrieg erlangten 1936 insgesamt 271 Missionare (Patres, Brüder, Studenten) die Siegespalme des Martyriums, darunter die 51 seligen Martyrer von Barbastro. 1949 wurden alle Missionare aus China vertrieben.

 

Vom hundertjährigen Gründungsjubiläum der

Kongregation an

 

1949 wurde das hundertjährige Bestehen der Kongregation gefeiert, die bereits 2638 Professmitglieder und 160 Novizen zählte. Die Kongregation war international geworden: Sie war in 25 Ländern tätig, und der Generalobere, der im selben Jahr gewählt wurde, war ein Deutscher, P. Peter Schweiger.

 

Die Heiligsprechung des Gründers Antonius M. Claret am 7. Mai 1950 war ein Markstein in der Geschichte der Kongregation. Sie war nicht nur die Anerkennung der Heiligkeit eines Mannes, sondern vor allem eine kirchliche Rückendeckung für das Werk der Kongregation.

 

Sehr wichtig wurde das Zweite Vatikanische Konzil, weil es auch eine Erneuerung der Kongregation, eine Vertiefung in der eigenen claretinischen Identität in der Kirche und einen neuen missionarischen Impuls zur Folge hatte. Dieser Erneuerungsprozess wurde in den folgenden Jahren weitergeführt und gefestigt. Gleichzeitig breitete sich die Kongregation in Afrika, Asien und Osteuropa aus. Es wurden nicht nur Wirkungsstätten in neuen Ländern errichtet, sondern auch neue Aufgaben und Seelsorgstätigkeiten aufgenommen: Bibelzentren, neue Formen der Gemeindemission, Dienst an den Ordensleuten, konkretes Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, Präsenz unter den Armen, Randgruppen und Auswanderern, Förderung des Gebrauchs der Massenmedien und des Dialogs zwischen den Religionen.

 

1999 vollendete die Kongregation der Claretiner-Missionare ihr 150. Lebensjahr. Gewähr für ihre Treue zum empfangenen missionarischen Auftrag und gleichzeitig Grund zum Leiden und zum Ruhm war das Martyrium unseres philippinischen Mitbruders P. Rhoel Gallardo im Mai 2000, ebenso die Verfolgungen, Entführungen und Gewalttaten aller Art, unter denen die Kongregation in diesen Jahren in ganz unterschiedlichen Teilen der Welt litt.

 

Am 31. Dezember 2008 zählte die Kongregation 19 Bischöfe, 2107 Priester, 3 ständige Diakone, 196 Brüder, 591 Studenten mit Gelübden und 88 Novizen, die sich in 461 Gemeinschaften auf 62 Länder verteilen.

 

Spanien als Gründungsland stellt geographisch immer noch einen Schwerpunkt dar. 26  % der Mitglieder verteilen sich auf die spanischen Ordensprovinzen und Portugal, 10 % arbeiten im übrigen Europa. Ein zweiter Schwerpunkt befindet sich in Lateinamerika: dort wirken in fast allen Ländern Süd- und Mittelamerikas 29 % der Claretiner; 5 % in Nordamerika und Kanada. Inzwischen sind 16 % der Claretiner in Asien und 12 % in Afrika tätig.